Pilgern ist mehr als die Bewegung an frischer Luft. Viele Pilgerinnen und Pilger sind sprituell unterwegs. Das drückt sich in ‚Achtsamkeit’ aus: Wir achten auf uns selbst, auf unseren Körper und unsere Seele. Wir beachten die Umgebung, Menschen, Gebäude und die Natur. Wir sind offen für Zeichen der Gegenwart Gottes. Es gibt Übungen, die uns helfen, in diese Achtsamkeit hineinzufinden. Manche dieser Übungen, wie das Schweigen, werden seit tausenden von Jahren erprobt. Andere sind noch recht jung.
Folgende Übungen können wir für das Pilgern empfehlen. Sie können sie alleine oder auch in einer Gruppe machen. Dabei gilt eine alte Regel: Weniger ist mehr! Reihen Sie nicht Übung an Übung, sondern nehmen Sie sich Zeit für eine Übung. Nehmen Sie wahr, was sich tut.
Ich schätze meine Füße wert
Schätzen Sie Ihre Füße wert! Vor dem Beginn einer Pilgertour – möglicherweise auch einen Augenblick barfuß.
In einer Gruppe führen Sie mit den Worten ein: „Spüren Sie Ihre Füße? Die werden Sie tragen. Ich bitte Sie – soweit körperlich möglich: Verlagern Sie einmal vorsichtig Ihr Gewicht auf die Fußballen. Ohne Gefahr zu laufen, zu fallen. Gut. Senken Sie Ihre Füße wieder. Nun schauen Sie einmal, dass Sie Druck auf die Hacken geben. … Fußaußenrist … Fußinnenrist …. Gut, sagen Sie ‚Hallo’ zu Ihren Füßen. Die sind ein Geschenk Gottes!“
Ich lasse etwas zurück
Gestalten Sie Ihren Aufbruch bewusst!
Wenn die Gruppe im Kreis steht, führen Sie ein: „Sie haben heute einiges hinter sich gelassen. Die Arbeit von heute Morgen vielleicht. Oder Ihre Frau, Ihren Mann oder Ihre Familie. Ich bitte Sie, sich gleich nach außen umzudrehen und einen Augenblick ins Weite zu schauen, um dem nachzugehen: ‚Wovon habe ich Abschied genommen? Was bleibt zurück?’ Nach einem Augenblick drehen wir uns dann in den Kreis zurück und ich bitte Sie, in einem Satz zu sagen, wovon Abschied genommen wurde: ‚Vom Hund und von der Wohnung – zum Beispiel’. Wir drehen uns nach außen …“
Ich gehe in Stille
Zum Pilgern gehört Schweigen!
Sie können das Schweigen so einführen: „Wir sind gewohnt zu reden. Teile des Pilgerns geschehen aber auch im Schweigen. Mancher Gedanke wir dann klarer. Es beginnt gleich, nachdem wir gesungen haben und wird nach einer Weile enden. Sie werden dann sehen, dass ich Sie bitte, sich zum Kreis aufzustellen. Bitte halten Sie auch dann das Schweigen noch einen Augenblick, wenn wir so im Schweigen in der Runde stehen. Unser erstes Wort sei dann wieder dieses Lied. Übrigens, wenn auf der Strecke etwas ist ‚Ihr Schnürsenkel ist offen’, dann sagen Sie es leise, bevor es umständlich wird, und gehen wieder zurück ins Schweigen. Können Sie sich darauf einlassen, so ein Stück zu gehen? Haben Sie noch Fragen? Wir singen und beginnen danach unser Schweigen.“
Ich singe
Singen tut gut!
Wieso in einem heiteren Moment nicht auch ein Fahrtenlied? Aber auch an spirituell bedeutsamen Liedern gibt es unzählige schöne Vorschläge. Besonders eingängig erscheinen uns:
‚Ausgang und Eingang’ und ‚Wechselnde Pfade’ (beide im Pilgerpass Pilgern im Pott abgedruckt)
‚Wohl denen die da wandeln’ und ‚Laudate omnes gentes’ (beide im Evangelischen Gesangbuch)
‚Möge die Straße uns zusammen führen’ (in vielen modernen Gesangbüchern)
Ich nehme ein Wort mit auf den Weg
Nehmen Sie als Anregung ein Wort mit auf den Weg!
Am Einfachsten ist es, wenn Sie einen bestimmten Text in ‚Schnipsel’ gelegt haben und jede bzw. jeder nur einen Textabschnitt daraus hat: z. B. ‚Woher kommt mir Hilfe?’ aus Psalm 121 oder ‚Dass ich Dir stetig blühe’ aus einem Kirchenlied. Auch mit Sätzen der ‚Pilgerapotheke’ von Bruno Kunz haben wir gute Erfahrungen. Sie ist erhältlich unter www.sinnwaerts.ch.
Sie führen diesen Impuls folgendermaßen ein: „Hier in der Mütze habe ich Sätze für Sie. Auf jeder Karte einen anderen Satz. Ich werde gleich herumgehen und bitte jeden einen für sich zu nehmen. Ihr Satz soll Sie heute begleiten. Vielleicht ärgert er sie. Oder Sie fühlen sich auf Ihre Weise angesprochen. Sie assoziieren etwas damit. Nehmen Sie diese Gedanken als Geschenk, als Gedankenanregung. Sprechen Sie erstmal nicht miteinander darüber. Heute Nachmittag werden wir damit so weiter verfahren: Sie werden Ihr Kärtchen vorlesen und wenn Sie möchten, können Sie Ihre persönliche Assoziation mitteilen. Haben Sie dazu Fragen?“
Ich genieße den Kirchraum
Genießen Sie den Kirchraum!
Evangelische Kirchen sind keine heiligen Räume – aber bedeutsame. Helfen Sie bei der Suche nach dieser Bedeutsamkeit. Dazu gehört, dass Sie vor dem Kircheneintritt der Gruppe erst einmal den Weg zur Toilette zeigen ;-).
Vor dem Eintritt erklären Sie: „Wir sind fast am Ziel angelangt. Sie stehen vor der Kirche. Ich bitte Sie, schauen Sie sich einmal das Portal und den Turm an und überlegen für sich: ‚Was erwarte ich im Innenraum der Kirche? Was brauche ich ganz persönlich?’ Wenn der richtige Augenblick für Sie ist – dann treten Sie durch die Tür in die Kirche ein. Gehen Sie alleine im Kirchraum umher. Wie und wohin Sie wollen. Suchen Sie einen Punkt in der Kirche, der für Sie gut ist. Sie dürfen sich auch an eine Wand oder Säule anlehnen. Wenn Sie sehen, dass ich dann in den Altarraum eintrete, werden wir uns dort versammeln. Versuchen Sie das alles schweigend. Haben Sie vor dem Eintreten erstmal noch Fragen? Gut, treten Sie ein, wann Sie mögen.“
Ich schließe mit dem Segen Gottes
Den Segen Gottes darf nach evangelischem Verständnis jeder und jede spenden. Es tut einer Gruppe oft gut, das gemeinsam Erlebte so abzuschließen. Entweder liest jemand den Segen vor, oder alle lesen ihn gemeinsam ab. Nehmen Sie Worte aus der Bibel („Der Herr aber, der selber vor euch her geht, der wird mit dir sein und wird die Hand nicht abtun und dich nicht verlassen. Fürchte dich nicht und erschrick nicht.“) und zögern Sie auch nicht, die alten kirchlichen Worte zu verwenden: